Mit der Aufstockung eines Altbaus im Frankfurter Westend entstehen mehr als 300 Quadratmeter neue Wohnfläche. Gleichzeitig zeigt das Projekt, dass Altbauten in Fragen der energetischen Sanierung und Nachhaltigkeit Neubauten nicht unterlegen sein müssen.
Altbau-Aufstockung in Bildern
Aus Dachsanierung wird eine Aufstockung
Ursprünglich sollte das typische Gründerzeitgebäude im Frankfurter Westend lediglich ein neues Dach bekommen. Der Bauherr war davon ausgegangen, dass in dem Gebäude mehr nicht wirtschaftlich umzusetzen sei, zumal der Denkmalschutz seine Zustimmung zu allem geben musste. Doch weit gefehlt: in_design architektur entwickelte einen Entwurf, der mit einer Aufstockung und Umbauten mehr als 300 Quadratmeter neuen Wohnraum schafft. In dem Gebäude entstanden 2 neue Wohnungen mit 150 und 170 qm. Durch ein intelligentes Belichtungs- und Belüftungskonzept sowie eine effektive Dämmung konnte der Heizenergieverbrauch zudem unter den eines vergleichbaren Neubaus gesenkt werden.
Bestandslage
Der Altbau liegt im Frankfurter Westend in einem Blockrand. Er wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Wohngebäude erstellt. In den Vollgeschossen befand sich ursprünglich jeweils eine Wohnung von je 200 qm. Im Dachgeschoss (4. OG) lagen drei kleinere Wohneinheiten mit Gemeinschafts-WC im Treppenhaus.
Die nördliche Giebelwand ist eine gemeinsame Brandwand mit dem Nachbarn. Die Traufe war um ca. 2,50 m niedriger als die der nördlichen Nachbargebäude. Die Bestandskonstruktion ist – typisch für ähnliche Gründerzeithäuser – durch massive Wände mit Holzbalkendecken geprägt.
Respektvolles Weiterbauen
Im Zuge der Bauarbeiten hat das Haus hat im Sinne eines respektvollen Weiterbauens eine Aufstockung um ein Vollgeschoss sowie ein neues Dachgeschoss erhalten. Die First- und Trauflinie des Nachbargebäudes wurden aufgenommen und weitergeführt; das Gebäude dem vorhandenen Blockrand angepasst. Die Aufstockung setzt sich in Details und Materialwahl als gleichermaßen zurückhaltend wie zeitgemäß modern gestaltet ab.
Intensive Abstimmung mit dem Denkmalschutz
Die Aufstockung und alle weiteren Arbeiten am Bestandsbau mussten intensiv mit dem Amt für Denkmalschutz abgestimmt werden. Die Fenster der Aufstockung sind jeweils über den Bestandsfenstern angeordnet und mit gleicher Breite ausgeführt. Die neuen Fenster wurden bodentief gestaltet. Sie erhielten eine außen liegende Brüstungsbekleidung aus Lochblech. Dadurch wird aus der Fußgängerperspektive der Eindruck erweckt, dass die nach oben hin abnehmenden Höhe der tief in den Laibungen liegenden Fenster fortgeführt wird. Gleichzeitig erhalten die Räume dadurch jeweils französische Balkone, die einen Außenbezug ermöglichen.
Durch das Gestaltungskonzept für die Fenster entstehen für die Innenräume vorteilhafte Belichtungssituationen sowie ein energetisch vorteilhafter solarer Energieeintrag.
Brandschutz
Das Gebäude ist aufgrund seiner Höhe in der Gebäudeklasse 5 eingeordnet. Daraus ergab sich, dass viele der wesentlichen Bauteile in der Qualität F 90 auszubilden waren. Da der Bestand aber keine massive Bauweise aufnehmen konnte, wurde eine Ausnahmegenehmigung für einen Holzbau (F 90 BA) erwirkt.
Projektdaten
Planung & Bauzeit | 2009-2012 |
Ort | Frankfurt a. M. Westend |
BGF | 400 qm (Dachwohnungen) |
Extras | Brandschutz (GK5), Holzbauweise Denkmalschutz Ununterbrochene Nutzung |
Grundriss-Organisation
Die Organisation der Wohnungen wird dadurch geprägt, dass alle Wohnungen einen Bezug zur Straße und zum Innenhof haben. Um das zu erreichen, liegen die beiden Einheiten im 4. und 5. OG nunmehr räumlich verschränkt. In der Grundriss-Mitte befinden sich zwei winkelförmige Treppen in einer konzentrischen „3D-Ying-Yang“-Anordnung.
Der Balkon der einen Wohnung liegt hofseitig oberhalb des bestehenden Balkonbauwerks mit entsprechender Loggia. Ein Einschnitt in die westliche, straßenabgewandte Dachfläche schafft den Raum für eine Loggia in der anderen Wohneinheit.
Nachhaltigkeit: 20 Prozent weniger Heizenergieverbrauch
Beide Wohnungen sind im Sinne der Nachhaltigkeit konzipiert und ausgeführt. Insgesamt liegt der Heizenergieverbrauch im sanierten Altbau nunmehr 20 Prozent unter dem eines Neubaus. Diese Einsparung ist Ergebnis einer ganzen Reihe von Maßnahmen.
- Die innen liegenden Treppenräume öffnen sich als Wärmekamin bis unter die Dachhaut. Dort ermöglichen motorisch betriebene Dachflächenfenster eine Abfuhr der sommerlichen Wärme und damit den Verzicht auf eine Klimaanlage.
- Die massiven Holzdecken wurden in einem bisher so nicht eingesetzten Verfahren direkt mit einer Brandschutz-Beplankung versehen. So bleibt die Speicherfähigkeit erhalten und verbessert gleichzeitig das Raumklima. Für diese Maßnahme hat in_design architektur eine „Zulassung im Einzelfall“ erwirkt.
- Zudem verfügen die Wohnungen nunmehr über eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung sowie ein sehr hohes Dämmniveau. Auch bei der Materialwahl spielte Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Die Dämmung des Daches besteht aus recycelten Zeitungen (Iso-Floc).
Das Projekt "Nachhaltige Aufstockung" in der Presse
Hessicher Holzbaupreis
Die Publikation zum Hessischen Holzbaupreis 2015 würdigt die nachhaltige Aufstockung des gründerzeitlichen Wohnhauses in Frankfurt am Main, die als hochwertiger Holz-Wohnungsbau mit hohem Vorfertigungsgrad und höchsten Brandschutzanforderungen hervorsticht. Zur Dokumentation
Architecture & Design Guide Germany
Nicht nur Vielflieger, sondern alle Leser der aktuellen Ausgabe des Magazins 'Discover Germany' werden einen Artikel bei uns als Deutsch- und Englischsprachiges Architekturbüro finden. Wir freuen uns daher, dass unsere Arbeitsweise im 'Architecture & Design Guide Germany' so positiv dargestellt wird. Zum Video
Mehr Projekte aus Bestand & Anbau
Sie haben Fragen an in_design architektur Frankfurt?
Wenn Sie Fragen haben: Rufen Sie einfach an. Innenarchitektin Christine Weinmann und Architekt Tim Driedger informieren Sie gerne in einem persönlichen Gespräch. Vereinbaren Sie einen Termin unter +49(0)69 6062 872-0 oder schreiben Sie uns eine kurze Nachricht an info (at) indesign-architekten (punkt) de.